Sonnenhungrig ...

02.10.2020

Je weiter die Jahreszeit fortschreitet und je kühler es wird, desto weniger Kleintiere und Insekten sind im Raader Wald anzutreffen - glaubt man zumindest! Paßt man sich den Gepflogenheiten und Bedürfnissen der kleinen Sechs-, Acht- und Vielbeiner an, wird man dennoch immer wieder fündig.

Scheinbares Pflanzengewirr, das einen Baum gleich am Wegrand hinaufrankt besteht aus "Lianen", den ewig langen Ausläufern der Gewöhnlichen Waldrebe (Clematis vitalba), die sich auf diese Art mit ihren langen aber kraftlosen Ranken einen Weg zum lebensspendenden Sonnenlicht erkämpft.

Die Herbstsonne bestrahlt die noch unreifen Früchte der Brombeere (Rubus fruticosus agg.) und es ist ungewiß, ob diese noch ausreifen können. Der uns geläufige allgemeine Name "Brombeere" verschleiert die Tatsache, dass es mehrere verschiedene Arten der Brombeere gibt, die recht schwierig zu unterscheiden sind. Und so wird die wissenschaftliche Bezeichnung Rubus fruticosus agg. (aggregat = Sammelart, zusammengesetzt, mehrgliedrig, Kollektivart) als Sammelname verwendet, um anzudeuten, dass keine exakte Bestimmung vorgenommen wurde bzw. werden konnte .

Die Sonne bringt altes Holz förmlich zum Aufleuchten - und signalisiert dem wärmesuchenden Kleingetier geeignete Plätze zum Auftanken der dort vorhandenen Wärmeenergie. Die achtbeinige Schwarze Springspinne (Evarcha arcuata) sucht gerne solche bestrahlten Plätze auf. Dort sitzt sie und dreht und wendet sich um die Wärme nicht nur vom hölzernen Untergrund, sondern auch von der Sonne von allen Seiten zu erhalten. Entgegen der allgemeinen Meinung gehört sie wie alle Spinnen NICHT zu den Insekten, sondern zu den Spinnentieren, zu denen wiederum auch Weberknechte, Skorpione, Bücherskorpione, Milben und Zecken gehören.

Auch die vom letzten Ausflug bereits bekannte Gewöhnliche Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) findet sich an diesem warmen Plätzchen ein, um noch gehörig Wärme aufzunehmen und damit Kraft für die Eiablage aufzutanken.

Die Gewöhnliche Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) genießt die Wärme in vollen Zügen und läßt sich auch nicht beirren, als ich ihr mit dem Makroobjektiv dicht auf den Leib rücke, um ein Portrait zu bekommen.

Und noch ein kleiner Gast kriecht plötzlich über die hölzerne Wärmeinsel: eine Raupe des Landkärtchens (Araschnia levana), eines Tagfalters aus der Familie der Edelfalter. Leicht kenntlich ist diese, von seltsamen, beborsteten Auswüchsen am ganzen Körper übersäte Art durch die zwei schwarzen, verästelten "Hörner" am Kopf der Raupe.

Aber nicht nur Tiere sind hier an diesem toten Baumstamm zu finden, sondern auch die auffällig gefärbte Gewöhnliche Gelbflechte (Xanthoria parienata) hat diesen besiedelt und belebt ihn mit fröhlichen sonnengelben Rosetten, die aus zahllosen einzelnen Trichtern bestehen. Leider ist diese Flechte charakteristisch für stark gedüngte Orte - was leider den Schluß bestätigt, dass ein übermäßig starker (menschgemachter) Nährstoffeintrag durch Niederschläge erfolgt.

Der exponiert in die Sonne ragende, abgestorbene, liegende Stamm mit seinen Ästen ist ein auffälliges Strukturelement am Waldrand - und so wie er uns beim Vorbeigehen auffällt, ebenso wirkt er magisch "anziehend" auf die sonnenhungrige Tierwelt. Wer diese Verhaltensweisen der Kleintierwelt berücksichtigt, hat in nur wenigen Minuten Gelegenheit, gleich mehrere interessante Beobachtungen zu machen.

Die Möglichkeiten für solche Beobachtungen sind aber gefährdet durch Bauprojekte, Bodenversiegelung, Schwund der naturnahen Wälder und damit verbundenem Artenverlust sowie dem Verlust von natürlichen und naturnahen Flächen.

Der Raader Wald bietet solche Möglichkeiten - ganz umsonst, ganz nah vor unserem Wohnort, ganz leicht erreichbar ...

Der Raader Wald braucht unsere Hilfe!

Hier gehts zur >>> online-Petition <<< wo Du bequem am Bildschirm unterschreiben kannst.

Danke für Deine Unterstützung!

>>> zum nächsten Tagebuch-Eintrag ...

designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin