Auf der Suche nach Altholz ...

16.04.2017

Zuallererst stolpere ich über ein Schöllkraut (Chelidonium majus), das in Verbindung mit anderen Pflanzen oft ein Anzeiger für menschliche Wohnstätten sein kann. Wir werden sehen ob auch andere dementsprechende Pflanzen in diesem Bereich aufzufinden sind ...

In einem Bereich mit starken Eichen werde ich fündig: Zwei als Bruthöhlen geeignete Löcher zeugen davon, dass im Inneren des Baumes nicht alles so gesund ist wie es von außen auf den ersten Blick aussieht.

Im Unterholz versteckt, das gerade auszutreiben beginnt, finde ich einen vielversprechenden alten Baumstrunk, der nur noch aus einer äußeren härteren Hülle besteht. Sein Innenleben ist schon großteils vermorscht und von Pilzen, Insekten und Holzwespen zu einer großen Menge Humus umgearbeitet ...

Ein Blick in das Innere zeigt fertigen Humus ... ich nehme mir vor, diesen später im Jahr nach größeren Puppen von Käfern zu untersuchen, die auf diesen letzten Umwandlungsprozess von hartem Wurzelholz zu Humus spezialisiert sind ...

Und wieder stehen einige alte Eichen in loser Gruppe beisammen und wieder findet sich eine mögliche Bruthöhle relativ nahe am Boden. Hoffentlich können wir später einmal feststellen, ob jemand oder etwas darin haust und was es ist ... ?

In diesem Bereich findet sich viel von diesem für einen gesunden, natürlichen Wald so wichtigem toten Holz. Es bildet nicht nur Wohnraum, sondern wie hier am Bild ersichtlich, auch Nahrungsgrundlage für zahlreiche Vögel und andere Jäger von Larven und Insekten.

Schon wieder ein Hinweis auf menschliche Spuren: Fette Löwenzahnköpfchen (Taraxacum) stehen in einer lockeren Gruppe beisammen, die eigentlich kräftige, gedüngte Fettwiesen besiedeln und untypisch für Waldrand und Trockenzonen sind ...

Eine Lichtung tut sich auf, die gesäumt ist von einer Eichenreihe, welche an dichtes Dorngebüsch anschließt, das wiederum in eine Rotföhrengruppe übergeht ...

Überall sprießen hier schon die markanten Blätter der Maiglöckchen (Convallaria majalis) aus dem Boden, deren Verwechslungsmöglichkeit mit dem schmackhaften Bärlauch schon manchem zum Verhängnis wurde!

Auf einer Rotföhrenborke sitzt still und unbeweglich eine Schlupfwespe .... die genaue Art bleibt bis auf weiteres unbekannt, denn diese Insektengruppe ist nur schwer zu bestimmen ... Diese Hautflügler legen ihre Eier z.B. an anderen Insekten ab, von denen sie dann als Parasiten leben und diese dabei töten. Diese grausam erscheinende Entwicklung ist - wenn auch nicht mit wenigen Worten erklärbar - ein wichtiger Bestandteil des Gleichgewichtes in der Natur ....

Einem echter Hoffnungsträger für einen Naturwald begegne ich bei diesem Ausflug ... eine vom Wind geworfene Esche liegt im Unterholz und läßt einen Hauch Urwald erahnen .... sie ist wohl auch ein Opfer des allgemeinen Eschensterbens durch den Schlauchpilz Hymenoscyphus fraxineus aus Ostasien ...

Wie lange wird es dauern, bis dieser Baum von der Natur und ihren Geschöpfen und Pflanzen zerlegt und in nahrhaften Humus umgewandelt ist?

Die Krone des Baumes ist beim Sturz zersplittert und zeigt, dass die Äste schon länger ohne Leben und ausgetrocknet und daher spröde waren ...

Eine wunderbare Gelegenheit, den Zerfall eines Baumes über Jahre zu verfolgen. Eine großartige Chance, die einzelnen Zerfallsphasen beobachten zu können. Eine nur selten bestehende Möglichkeit, die Beteiligung von Tieren, Pflanzen, Pilzen und anderen Organismen am jahrelangen Umwandlungsprozess zu beobachten ...

Ob sich uns diese genannten Gelegenheiten wirklich bieten, hängt ab vom Erfolg der Maßnahmen, die den Erhalt des Raader Waldes sichern sollen ...

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