"Dynamik im Wald" ... wie sie eigentlich NICHT gemeint ist

15.03.2018

Fall 1:

Ich habe einen "attraktiven" vom Sturm geworfenen Baum gefunden, direkt am Weg gelegen und somit leicht erreichbar - und habe mir gedacht: eine wunderbare Gelegenheit, "natürliche Dynamik" direkt am Objekt zu erläuern und eventuell auch zu dokumentieren. Und so habe ich mir einen leicht auffindbaren Standort ausgesucht, um in größeren Zeitabständen immer das gleiche Bild vom sich nur langsam verändernden "Objekt" Baum zu machen ... es würde ein schönes Beispiel sein, an dem man die äußerst langsame Zerlegung des Stammes durch Organismen bis zur endgültigen Verrottung erklären und zeigen könnte ...

Und das war das erste Bild, am 26.02.2017, einer langen Reihe (dachte ich mir!):

Am 16.04.2017 folgte das nächste Bild - es war natürlich viel zu früh, um etwas bemerken zu können - aber immerhin konnte man schon sehen, wie das frische Grün ungerührt unter dem gefallenen Stamm förmlich hervorkroch und ihn in einen saftigen Mantel zu hüllen schien.
Optimal, dass ein Teil des Stammes vom Wurzelstock weg ohne Bodenkontakt ist, also sehr langsam verrotten würde; und der restliche geknickte Teil Bodenkontakt hat, was durch die Feuchtigkeit eine wesentlich schnellere Verrottung zur Folge hätte ... auch die verschiedenen zur "Anwendung" kommenden Organismen wären gut darstellbar ...

Am 07.02.2018 gab es ein wenig Neuschnee und .... siehe da: inzwischen gab es einige Sturmböen, und von diesem wurde ein weiterer dürrer Baum quer über die schon bekannte Baumleiche geworfen. Ein schönes Beispiel von "Dynamik" zwar, aber nicht weiter spektakulär ...

Am 10.03.2018 ..... oha ..... eigentlich dachte ich ja daran, dass dies eine Langzeitreihe werden könnte. Die natürliche Dynamik läßt sich ja jede Menge Zeit - normalerweise. Aber die Dynamik der Motorsäge ist eine wesentlich andere, rasantere. Und so liegt nun der Stamm schön portioniert in saubere Bloche geschnitten da ... tja, Pech gehabt - nix ist's mit beobachtender Langzeitreihe und Herzeigematerial zum Thema "Natürliche Dynamik" vor Ort .... über den Verrottungsprozess brauchte ich mir nun wohl keine Gedanken zu machen ....

15.03.2018 - also heute: ein besonderer Fall von Dynamik, und ein besonderer Fall von Verrottung: hochdynamisch wurde das portionierte Blochholz verladen und weggefahren; die Zerkleinerung erfolgt nicht durch Organismen des Waldes, sondern wohl durch stählerne Kraftlackeln in Form von Säge, Spalter und Axt, die Rotte findet wohl weitab und unbeobachtbar höchst beschleunigt durch Feuer in einem Kachelofen statt - wobei dies die idyllische Variante wäre. Gehäckselt und geschreddert beendet der Stamm sein Vergehen vorzeitig in einer Hackschnitzelanlage .....

Nun, es hätte ja auch gut gehen können - und natürlich ist es recht und billig, dass der Besitzer/Berechtigte den gefallenen Baum verwertet! Es zeigt aber dennoch sehr deutlich, wie sich "Dynamik" durch Nutzung von der natürlichen Dynamik unterscheidet - und was hierdurch dem Natur-Wald an Nährstoffen, Lebensgrundlagen für Tier und Pflanze entgeht. Und genau hier ist anzusetzen, wenn der für uns wichtige Naturwald bestehen bleiben soll, seine "selbstablaufende" Funktion behalten soll ... der Mensch muss sich zurücknehmen, um der Natur das Handeln zu überlassen.

>>> zum nächsten Tagebuch-Eintrag ...

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